Die Tage werden wieder kälter. Während sich manch einer über den Winter in seinen Rauchsalon zurück zieht und die finsteren Tage vor dem Kamin verbringt, müssen andere ihr Raucher-Dasein im Freien fristen. Ich habe lange damit gehadert, ob ich in meinem kleinen Wohnzimmer zur Zigarre greifen soll, da das manchmal strenge Raumaroma nicht immer von Vorteil ist, vor allem, wenn man charmante Gesellschaft genießt. Die letzten Winter verbrachte ich also entweder mit einer Kanne Tee, oder mit einer Decke bewaffnet auf meinem kleinen Balkon. Mitunter ist das tatsächlich ein Vergnügen und auch in diesem Winter, werde ich das sicher manchmal genießen, jedoch auf keinen Fall mit einer Churchill oder Double Corona.
Kleinkaliber
Die Zeiten werden generell hektischer, zumindest kommt es mir immer so vor. Auch wenn ich manchmal damit hadere, so hat das auch seine Vorteile. Die Kleinformate werden zahlreicher und das kann auch für den Balkonraucher im Winter ein Gewinn sein. Als ich neulich wieder eine Bestandsaufnahme in meinen Humidoren machte, wollte ich mir auch einen Überblick verschaffen, was ich an Kleinformaten eingelagert habe und was ich davon weiterempfehlen würde. Was im ersten Moment ein simpler Gedanke war, entpuppte sich bald als größeres Unterfangen. Im Moment habe ich eher ein Faible für Coronas, Lanceros oder Lonsdales.
Ich sortierte also die kleineren Kaliber in einen eigenen Humidor und bediente mich ein paar Tage ausschließlich aus diesem.
Zigarren für den Balkon
Im Sommer entdeckte ich die Half Coronas von Abe Flores für mich. Eine Zigarre die für mich immer noch die perfekte Begleitung für einen Espresso in der Nachmittagssonne ist, jedoch musste ich feststellen, dass sie zu Tee auf dem Balkon genauso gut passt. Eine Zigarre, die durch herrliche Vielfalt besticht. Eine interessante Würze, die mich an getrocknete Kräuter erinnert. Der Genuss an der kalten Luft sorgt für Veränderung der Aromen. Zumindest nehme ich sie anders war. Der Kakao ist etwas dominanter und die leichte Schärfe macht Platz für einen herrlich schokoladigen Ton. In diesem Format ist die Zigarre für mich ganz klar etwas wirklich besonderes. Ich gebe ehrlich zu, dass mir auch die wunderschöne Blechschachtel gefällt, genauso wie der Preis. Es ist eine Zigarre, die es perfekt versteht, auf kleinstem Raum den meisten Geschmack zu potenzieren.
Mein Experiment mit den kleineren Formaten, führte mich bald auf ein interessante Reise, denn ich war mir eigentlich zuvor sicher, dass ich meine Favoriten bereits kannte. Jedoch änderte sich das schnell, als ich die ersten Selbstversuche auf dem Balkon und der Terrasse unternahm, denn so manches „kleines Ding“ entpuppte sich als gemächlicher Genuss, der dann doch fast eine Stunde andauerte. Und als ich letzten Mittwoch den Beitrag veröffentlichen sollte, warteten dann noch einige Exemplare auf ihren Balkon-Test.
Eine der letzten Zigarren die ich rauchte war von Romeo y Julieta, eine Marke, die ich, wie so viele Raucher auf der
Welt sehr schätze. Wieder ist es das Alter, dass der Dame zum Hochgenuss verhilft. Is t die Zigarre zu jung, bin ich wirklich kein Freund von Romeo und seiner Julia. Durch eine glückliche Fügung des Schicksals fielen mir unlängst ein paar Exemplare Sport Largos in die Hand – wobei ich mir nicht so sicher bin. Ich habe mich beim Kauf ehrlich gesagt mehr auf das Boxing Date konzentriert. Welch eine Schande für einen Blogger 😉 Diese Zigarren sind Marken-Typisch eher auf der milden Seite, bieten aber eine herrliche Aromenvielfalt, die tatsächlich weihnachtliche Züge annehmen kann, wenn man sie zu heißem Tee genießt. Es war in den vergangen Tagen einer meiner genüsslichsten Erlebnisse in der Kälte. Der Geschmack ist fruchtig und doch würzig und ich glaube, dass diese Zigarre auch durchaus zu Glühwein genossen werden kann.
Ein weiteres Kleinkaliber im großen Stil
Besonders auf der fruchtigen Seite, darf eine Zigarre im Kleinformat nicht fehlen: Die Half Corona von H. Upmann.
Ich liebe diese kleine Lady von ganzem Herzen. Durch die Recherche für diesen Beitrag, habe ich diese Dame wieder extrem ins Herz geschlossen. Ich musste mich regelrecht zwingen, nicht Eine nach der Anderen zu rauchen. Ebenfalls durch einen Zufall konnte ich fünf Exemplare aus dem Jahr 2014 erstehen und das zu einem wirklich erstklassigen Preis. Sie waren nämlich umsonst! Eigentlich wäre der Umstand, durch den die Zigarren den Besitzer wechselten, eine amüsante Anekdote, jedoch wäre es unklug die Geschichte hier öffentlich zu machen. Nur so viel: Diesen Zigarren wurde ein schreckliches Schicksal erspart. Tatsächlich fanden diese Zigarren auf einer Terrasse, bei winterlichen Temperaturen ihren Weg zu mir, als eine wunderschöne Frau neben mir stand. Es ist erstaunlich, wie der kubanische Tabak auf so kleinem Raum so eine herrliche Dichte hervorbringt. Es ist die fruchtige Süße, die besticht. Das sanfte Röstaroma schmeichelt ihr lediglich und das Leder tritt gänzlich in den Hintergrund. Eine absolute Empfehlung, für den kurzen Smoke, unter der Decke, am winterlichen Balkon.
Klein, dunkel und verdammt gut
Es gibt Zigarren, die man raucht und wieder vergisst. Eigentlich ist das keine gute Eigenschaft, denn schließlich sollte man sich doch an den Genuss erinnern. Manchmal ist es jedoch herrlich, denn nur so kann man eine Zigarre wieder entdecken. So ging es mir mit der Joya de Nicaragua Antano 1970 Machito. Diese Dame ist alles andere, als leicht. Es ist eine Zigarre für die schwärzesten Nächte voll Rum, Whisky und Grog. Es ist der dunkle Tabak, der Schärfe mit Schokolade verbindet und sie mit Nussigkeit umarmt. Durchaus etwas für den Balkon. Jedoch eher nach reichhaltigem Abendessen, denn Frühstück. Diese Serie soll laut den Herstellern die Seele Nicaraguas in die Zigarre bannen. Diese Wiederentdeckung hat mir in den vergangenen Tagen die größte Überraschung geboten, denn diese Würze passt herrlich zur Kälte, obwohl sie ihre Heimat in der Karibik hat, findet sie sich in unseren Breitengraden erstaunlich gut zu Recht.
Die letzten Tage waren wirklich ein Hochgenuss. Es war das erste Mal, dass ich wirklich in erster Linie für diesen Blog geraucht habe. Ich hätte nie gedacht, wie viel Freude mir dieses Experiment zurück gebracht hat, denn ich hatte fast vergessen, was für ein Potential in den kleinsten Dingen stecken kann. Ich kann nur jedem empfehlen die genannten Exemplare zu probieren. Vielleicht trifft man sich ja demnächst auf einer Raucherterrasse. Und während dem Rauchen unserer Kleinkaliber nicken wir einander verständnisvoll zu, während der Rauch sich seinen Weg zum Himmel bahnt.
In diesem Sinne: Happy Smoking!!