Manches ändert sich nie -Vorsicht Klartext!

Zigarren Notizen

Ich sitze im Garten. Hinter mir zischt einiges an Gemüse auf dem Grillrost und rund um mich sitzen einige meiner besten Freunde, ein paar neue Gesichter sind auch dabei. Mein bester Freund hat zu einer Gartenparty geladen. Vor mir steht bereits ein Zigarrenaschenbecher und ein Gin-Tonic, ganz genau so, wie ich mir einen mischen würde. Ich greife nach meinem Zigarrentubus und befreie die Dame darin. Ich fühle mich wohl und es könnte ein perfekter Abend werden. Wohlgemerkt, es könnte einer werden. Aber der Reihe nach……

Urban Legends

Ich bin ein Fan von Tom Waits und seltsamerweise haben die Menschen denen ich begegne alle zumindest eine Story über Tom Waits. „Waits hat in seinem Vertrag stehen, dass er nicht aufhören darf zu rauchen.“ und „Tom Waits lebt auf der Straße und nur wenn er ein Album macht, kommt er zurück.“ Zugegeben, manche dieser Geschichten sind amüsant und bereiten mir tatsächlich auch einiges an Vergnügen, vor allem weil die Erzählenden durchaus wissen, dass es sich eben um „Urban Legends“ handelt.

Diese urbanen Legenden gibt es auch in der Welt der Zigarre. Nur im Vergleich zu denen rund um Tom Waits, sind diese eher weniger unterhaltsam.

Zigarrenettiquette

Besonders bezüglich dem Verhalten unter Zigarrenrauchern gibt es einige Mythen, die nicht nur absoluter Schwachsinn sind, sondern die auch Menschen, die sich dem Zigarrengenuss nähern wollen, die Freude verleiden. Vor einiger Zeit fand ich auf einem der sozialen Netzwerke “ Die 44 Regeln der Zigarren-Etikette“ für Freunde der Zigarre. Unter Anderem stand da wörtlich: „Etwas zu rauchen anzubieten ist seit jeher eine Geste besonderer Wertschätzung. Sei es, um jemanden kennenzulernen, sei es, um eine angenehme Situation für ein Gespräch zu schaffen. Man denke nur an die Friedenspfeife der Indianer. Zwischen Tabak und Zigarre besteht kein großer Unterschied. Sich in Gesellschaft eine Zigarre anzuzünden, ohne zuvor den nächsten Anwesenden eine offeriert zu haben, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Eine Zigarre anzubieten ist Ehrensache. Mit einem Etui für vier Zigarren liegen Sie meist richtig. Einerseits hat es das ideale Taschenformat, andererseits können Sie drei weiteren Personen eine Zigarre anbieten. Bei größeren Gesellschaften empfiehlt sich die Mitnahme einer Zigarrenkiste.“

Ok, wenn ich das nächste Mal bei einer Party eingeladen bin und ich an diesem Abend eine Zigarre rauche, nehme ich also eine Kiste mit. Das gehört sich schließlich so. Ist ja ganz normal, dass man ein Mitbringsel im Wert von Minimum 125 bis 150 Euro mitnimmt. So freundschaftlich, wie das möglicherweise vom Tippgeber gemeint war, aber nicht jeder kann sich diese Geste leisten.

Nur als kleines Rechenbeispiel: Derzeit rauche ich sehr gerne The first 20 years von Christian Eiroa. Diese Zigarre hat in Österreich einen Stückpreis von € 12,- und in einer Kiste sind 20 Stück. Das ergibt also einen Kistenpreis von € 240,-. Sorry, aber das ist bei weitem über meinem Budget. Zugegeben, ich könnte ja auch einfach ein Bundle Zigarren kaufen. Aber wie läuft das dann, ich nehme ein Bundle für die Gäste mit und ich selbst rauche eine Eiroa?

Das ganze als „Verhaltensregel“ zu postulieren ist einfach – in Ermangelung eines besseren Begriffes – eine Frechheit und lediglich der weitere Versuch Zigarrenrauchen als eine Genussform der Besserverdiener zu brandmarken.

Wenn Dummheit sich verbreitet

Die schlimmste Form von Halbwissen kommt in letzter Zeit von Nichtrauchern an meine Ohren. Ich sitze meist in einer vertrauten Runde, oder eben im Garten eines Freundes und ein Nichtraucher fühlt sich bemüßigt sich mit mir über Zigarren zu unterhalten. Auf der einen Seite sind das Menschen, die obe meiner journalistischen Tätigkeit Bescheid wissen und dann ist es auch total in Ordnung, denn meistens sind das Menschen die tatsächlich Interesse haben. Manche Menschen beginnen aber diese Unterhaltungen, ohne, dass sie wissen, was ich so schreibe und treibe 😉 Ist das der Fall, dann wird es entweder lustig, oder sehr mühsam.

Nicht selten wird dann wissen zum Besten gegeben, meistens von „einem Freund“, oder „Onkel“ der Zigarre raucht. Es dauert nicht lange und dann geht es los: „Du lässt die Banderole oben, wenn du rauchst? Das macht man doch nicht, oder?“, „Was, du rauchst die Zigarre über die Bauchbinde hinaus, man  raucht doch nur das erste Drittel!“, „Mein Onkel hat mir erzählt, dass die Zigarren aus der dominikanischen Republik deshalb so schlecht sind, weil die größtenteils Tabak aus Afrika zukaufen, um die Zigarren auch weiterhin herstellen zu können.“

Wie geht man damit um?

In der Regel beantworte ich die Frage, oder kommentiere das Statement. Selbstverständlich nur, wenn ich die Antwort weiß 😉 Danach versuche ich die Unterhaltung höflich zu „verlassen“, denn sehr oft besteht gar kein Interesse an der Thematik, sondern es wird nur versucht zu attestieren, dass man Ahnung hat. Falls Sie sich einmal in so einer Situation wieder finden, seien Sie auf der Hut, denn oft kann so ein Gespräch sehr mühsam, oder feindselig werden. Manchmal versteckt sich nämlich ganz normaler „Raucherhass“ hinter diesen kleinen Sticheleien.

Ich unterhalte mich – ist ja wohl klar – sehr gerne über Zigarren, schließlich wäre dieser Blog sonst überflüssig. Wie bei den meisten Menschen üblich, muss ich mich aber nicht jede freie Minute mit dieser Thematik beschäftigen.

Der Dialog mit Nichtrauchern ist sehr wichtig, denn wie in allen anderen Belangen ist Aufklärungsarbeit besonders wichtig, vor allem in Zeiten des öffentlichen Einschränkens von sozialem Rauchgenuss.

Ein Appell an den Raucher

Zum Schluss muss ich auch noch mit uns Rauchern ins Gericht gehen. Ich empfehle ganz einfache Regeln zur Vermeidung des Verbreitens von Halbwissen:

  1. Wenn sie etwas nicht wissen, geben Sie es zu!
  2. Genießen Sie, wie sie es für richtig halten, aber missionieren Sie nicht!
  3. Der Genuss, wie Sie ihn für richtig halten, befreit Sie nicht von gesellschaftlichen Konventionen!
    (Wer seinen Single Malt gerne mit vier Eiswürfeln trinkt, muss sich im Klaren sein, böse Blicke zu bekommen.)
  4. Gestehen Sie sich ein, dass Zigarren nichts Elitäres,Vornehmes oder Hochfinanzielles sind!
  5. Raucher sind normale Menschen und nicht die Mitglieder eines Geheimbundes!

Die Party

Ich öffne meinen Zigarrentubus und befreie die Zigarre. Der Cut geht mir routiniert von der Hand und die Zigarre ist schnell entflammt. Ich greife gerade zum Gin-Tonic, als sich einer der Partygäste neben mich setzt und mir eine Frage stellt: „Stimmt es eigentlich, dass Zigarren aus Kuba zwischen den Schenkeln von Jungfrauen gerollt werden?“

Ich senke den Kopf, nehme einen Schluck von meinem Getränk und blicke dem Menschen über den Brillenrand in die Augen, bevor ich antworte. „Nein, so viel ich weiß, werden Zigarren per Hand, von ganz normalen Menschen gerollt.“ Kaum habe ich die Antwort auf diese Frage gegeben, folgt auch schon die nächste: „Aber kubanische Zigarren sind schon die besten, oder?“

Da ich diese Frage schon so oft gehört habe, habe ich bereits eine Standortantwort parat: „Nein, mein Freund, die beste Zigarre, ist immer meine nächste!“

Es wird ein Abend voller Fragen und Plattitüden von Gehörtem und im Internet Gelesenem. Ich verbringe die meiste Zeit damit zu antworten, bis ich mich in einen anderen Teil des Gartens zurück ziehe um in Ruhe zu rauchen. Und wie immer entdecke ich in der Stille des Abends die reinste Form des Genusses und ich freue mich bereits auf den nächsten Moment, der mir wieder etwas mehr Frieden bringt.

In diesem Sinne: Happy Smoking!!!

Be first to comment