The late hour – Genuss zu später Stunde

Zigarre in Aschenbecher vor Whiskyglas

In manchen Momenten  scheint die Zeit zu rasen, in anderen Augenblicken wieder, scheint sie beinah still zu stehen. Reine Gegenwart zu spüren ist schwierig geworden und manche Menschen müssen sich so etwas schon in den Terminkalender eintragen. Ich gehöre dieser Sorte zum Glück nicht an.

Meine Vorfreude auf die Verkostung der Winston Churchill – The Late hour, aus dem Hause Davidoff, habe ich ja an anderer Stelle schon erwähnt. Umso erfreulicher war es, als der Grund dieser Euphorie dann endlich vor mir am Rand des Aschenbechers ruhte und darauf wartete genossen zu werden.

Laut  Davidoff sollte man zu dieser Zigarre einen nicht zu süßen Rum, oder einen nicht zu rauchigen Whisky trinken. Ich entschied mich für eine trockene Variante eines Rusty Nails (6 cl Grant’s, 1 cl Drambuie). Ein Glas Wasser stand auch griffbereit. Alles war bereit für den ersten Smoke. Doch irgendwie fühlte sich der Moment nicht richtig an. Ich öffnete die Fensterfront zum Garten. Als ich am Fenster stand und in den Abend hinaus blickte huschte das Grinsen über mein Gesicht, das so häufig entsteht, wenn ich  – manchmal auch etwas unbewusst – einen Moment auskosten möchte und die Vorfreude bewusst ein wenig ignoriere. Doch irgendwann funktioniert das nicht mehr. Der Moment war gekommen, der letzte Schluck Wasser genommen. Es war 2:32 Uhr in der Nacht. Später würde diese Stunde nicht mehr werden.

Winston Churchill  – The late hour

Zigarrenbanderole Winston CHurchill

Die wunderschönen Banderolen

Ich nehme einen Schluck von meinem Rusty Nail und nehme die Zigarre in die Hand. Die Banderolen sind wunderschön, in einem Silverstone-Grün gehalten und mit Gold geprägtem Aufdruck. Sie passen wunderbar zu dem dunklen, ölig anmutenden Deckblatt aus Ecuador, das mit einem satten Glanz eine wunderbare Optik bietet.

Ich nehme meinen Cutter zur Hand und mit dem typisch öligen „Schmatzen“ landet der Kopf der „Dame“ im Aschenbecher. Ich greife zu meinem Flammenwerfer und beginne mit diesem wunderbaren Ritual, das wir Zigarrenraucher  so lieben. Es ist der Moment in dem die Entspannung endlich beginnt.

Die ersten Züge, und ich schmecke sofort den unverwechselbaren Davidoff-Geschmack. Jener Geschmack, der für mich eindeutig mit der Linie Winston Churchill verbunden wird. Doch da ist noch etwas anders im Rauch. Eine Süße, die ich so noch nicht gekannt habe. Mild und sanft umschmeichelt sie den Gaumen und begleitet dieses bekannte Aroma auf unorthodoxe Weise. Ich nehme an, dass diese Süße von der Einlage aus Nicaragua stammt, die in Whiskyfässern gereift wurde.

Nach dem fünften Zug verlässt das Davidoff-Aroma die Bühne und macht nun gänzlich Platz für etwas Neues. Eine unglaubliche Würze entfaltet sich, die ständig, jedoch nie störend, von der Süße ummantelt wird. Die Süße bettet, die Aromen zur Ruhe. Gegen Ende des ersten Drittels entwickelt die Zigarre eine Cremigkeit und einen unglaublich dichten Rauch, der den Gaumen kitzelt.

Ich lege die Zigarre in den Aschenbecher und trete ans Fenster, sehe in die Nacht hinaus, während hinter mir Rauchfahnen aus dem schweren Aschenbecher aufsteigen, die einen herrlichen, fast Weihrauchartigen, Duft verströmen und ich verstehe, dass diese Zigarre für die anregenden Stunden der Nacht gedacht ist. Für Gespräche mit Freunden am Kamin, für die Ruhe in hitzigen Diskussionen, oder als Anker in einem kreativen Rausch des Schreibens.

Der zweite Akt

Zigarrenasche an Zigarre

Die Asche hält sich gut…

Ich nehme wieder Platz in meinem Sessel und widme mich dem zweiten Drittel. Der Rauch ist trotz der Pause immer noch dicht, die Zigarre angenehm warm. Die Würze nimmt zu. Es ist ein pfeffriger Ton, der jetzt allmählich in den Vordergrund tritt. Die Schärfe ist ein neuer Akteur in diesem grandiosen Schauspiel. Am Ende des zweiten Drittels zeigt sich der unglaubliche Aromen-Reichtum, der mir angekündigt wurde und genau in dem Augenblick, als ich denke, ich habe jede Nuance der Zigarre erschmeckt, geben mit dem letzten Drittel dieser öligen Köstlichkeit leise Stimmen von Leder und Holz, neben der Süße den Takt zum Finale an.

Das Leder und das Holz erinnern an den Duft in alten Zigarrenclubs, in denen die Ohrensessel vor holzvertäfelten Wänden standen, dieser Geruch der im österreichischen Bundeskanzleramt wohl verströmt wurde, als sich Bruno Kreisky ein Raucherzimmer einrichtete. Somit ein Geruch, der wohl auch Winston Churchill Freude bereitet hätte.

Ich genieße die letzten Züge meiner Zigarre und ich sage bewusst meine Zigarre, denn ich habe das Gefühl, etwas gefunden zu haben, nach dem ich lange gesucht habe. Eine Zigarre, die meine Lieblingszeit des Tages adelt. Selbst die letzten Züge, denen oftmals die Bitterkeit des Abschieds inne wohnen, sind samtig, ledrig-süße Abschiedsworte bevor der Vorhang einer grandiosen Vorstellung fällt.

Während meine Zigarre im Aschenbecher noch abkühlt, der Nebel sich wieder lichtet und der Nachthimmel hinter den Fenstern wieder zum Vorschein kommt, denke ich an Winston Churchill und daran, ob ihm diese Zigarre geschmeckt hätte. Ich denke sie wäre seiner würdig gewesen.

So sitze ich da, und blicke in die Nacht hinaus und freue mich darauf, diese Erfahrung mit den Menschen zu teilen, die mir wichtig sind und ich freue mich darauf, wenn am 7. September die Zigarre in Österreich erhältlich sein wird, denn dann hole ich mir eine dieser wunderschönen Kisten, die uns allen so viel bedeuten. Und auch wenn das viele Menschen nicht verstehen können. Winston Churchill würde es verstehen und das nicht nur zur späten Stunde.

In diesem Sinne…….

Happy Smoking!

Banderolen und Zigarre im Aschenbecher

Die wunderschönen Banderolen im Aschenbecher neben der festen Asche

2 Comments

  • Antworten August 30, 2017

    Vasilij

    Lieber Klaus – wunderbar geschrieben, einfach wunderbar! LG, Vasilij

    • Antworten August 31, 2017

      Klaus Hruby

      Lieber Vasilij, vielen Dank für dein Feedback. Es ist schön für Leute wie dich schreiben zu dürfen 🙂

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