Ja, ich weiß. Es ist verdammt lange her, seit ich die Muße fand mich hinter den Computer zu setzen und in die Tasten zu hauen. Mein Leben hat sich in den letzten Monaten deutlich geändert. Geändert ist vielleicht das falsche Wort. Einiges ist mehr geworden, das Andere deutlich weniger. Seit 1. Oktober ist die Zigarre nun endlich zu meinem Lebensmittelpunkt geworden und ich darf meine Brötchen ausschließlich mit dieser Materie verdienen.
Keine Sorge, es wird sich nichts an diesem Blog ändern. Das war mir persönlich wichtig. Auch wenn ich nicht immer Zeit finde um zu schreiben, dieses Projekt das als Tagebuch der Zigarre für mich begann, ist mir von Tag zu Tag mehr ans Herzen gewachsen, genau wie die Menschen, die ich dadurch kennenlernen durfte.
Mittlerweile arbeite ich für ein österreichisches Zigarren-Importunternehmen. Und ich habe das Glück mit einem meiner besten Freunde zusammenarbeiten zu dürfen. Um mögliche Kritik gleich im Keim zu ersticken, meine neutrale Haltung gegenüber Zigarren wir sicher nicht darunter leiden. Ich habe das Glück mit vielen Kollegen aus der Branche in freundschaftlicher Verbindung zu stehen. Wir alle lieben die Zigarre und ich war immer schon der Meinung, dass man das Verbindende über das Trennende stellen sollte.
La Ley
Vor einiger Zeit durfte ich Didier Houvenaghel kenne lernen. Ich habe darüber im Cigar Journal berichtet. Didier ist einer der charmantesten und gebildetsten Menschen, die ich zu meinen Freunden zählen darf. Was als Interview begann, wurde zu einem ganzen Tag voll des Gesprächs über die Welt der Zigarre, deren Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Didier hat in Kuba Agrar-Ökonomie studiert und ist Autor des – wie ich finde – genialen Buches From soil to soul. Die Liebe zur kubanischen Zigarre war es auch, die ihn dazu veranlasste eine alte kubanische Marke wieder ins Leben zu rufen, diesmal allerdings in Nicaragua. La Ley bedeutet „das Gesetz“ und sollte den Anspruch an Qualität und Verarbeitung verdeutlichen. Ziel des Projektes war es eine Zigarre zu kreieren, die bereits in jungen Jahren die selbe Qualität aufweist wie gereifte kubanische Zigarren.
Auch wenn dies vielleicht nicht ganz das Ergebnis ist, so ist das Geschmackserlebnis von La Ley doch auf alle Fälle einzigartig. Gefertigt werden die Zigarren im Hause A.J. Fernandez. Deckblatt und Umblatt sind aus Nicaragua, die Einlage ist eine interessante Mischung aus Honduras und Nicaragua. Für mich stehen Zigarren von La Ley in besonderem Maße für Charakter, Balance und Authentizität.
La Ley Reserva 2016 Laguito – Der Selbstversuch
Die letzten Wochen waren alles andere als leicht. Ich war früh auf den Beinen und spät im Bett. Oder sehr früh, je nachdem wie man es sehen möchte. Die Arbeit hielt mich sieben Tage die Woche auf Trab, da ich begann mich tiefer in die neue Materien eingearbeitet habe und nebenbei meine Nachfolgerin im alten Job eingeschult habe. Job-Übergabe ist nie ohne Schwierigkeiten abzuwickeln.
Endlich finde ich die nötige Ruhe um wieder eine Zigarre mit allen Sinnen zu genießen. Es ist Abend. Ehrlich gesagt ist es schwarze Nacht, aber wer nimmt es schon so genau. Hugh Laurie raunt New Orleans Blues durch die Boxen in meinen Rauchsalon und es ist alles bereit um zu genießen. Die La Ley Reserva 2016 liegt traumhaft zwischen den Fingern. Das Gewicht ist angenehm, das Deckblatt beinah makellos und wunderbar seidig. Ich befreie die Zigarre von ihrem Kopf und widme mich dem Kaltzug. Der Zugwiderstand ist perfekt.
Ich gieße mir ein Glas Rum ein. Nichts all zu Süßes, aber doch ein Rum mit ordentlich Charakter. Ich lehne mich in meinem Sessel zurück und entflamme die Zigarre. Gleich zu Beginn bemerke ich den markentypischen Geschmack. Er ist schwer einzuordnen und das Aroma ist wahnsinnig dicht. Die ersten Züge sind besonders würzig und erinnern mich dezent an Kardamom und etwas Piment. Zum Ende des ersten Drittels wechselt sich die Würze immer wieder mit einer leichten Süße – die karamellig anmutet – ab.
Ich lege die Zigarre wieder in den Aschenbecher und widme mich meinem Rum. Ich komme endlich zur Ruhe, auch wenn es nur für die Länge einer Zigarre ist. Zum Glück ist die Laguito ein Garant für einen etwas längeren Smoke. Momente wie diese werden leider seltener. Umso wichtiger ist es, diese entsprechend zu würdigen.
Das zweite Drittel der Zigarre entfaltet einen herrlichen Duft, der die Nasenspitze kitzelt. Der Gaumen wird mit mittlerweile fruchtiger Süße und leichten Nussaromen umspielt. Es ist eine herrlich ausgewogene und wirklich exquisite Zigarre. Ich muss mich beherrschen nicht zu gierig zu rauchen. Es fällt mir allerdings nicht leicht. Ich greife wieder zu meinem Glas und schwenke den öligen Rum im Nosingglas damit er seine Schlieren im Glas hinterlässt, seine unverwechselbare Handschrift. Immer wieder bin ich über die stille Übereinkunft zwischen Rum und Zigarre beeindruckt. Als gäbe es eine heimliche Verwandtschaft. Niemand drängt sich in den Vordergrund. Beide existieren gerne in Symbiose. Das gefällt mir.
Der finale Akt
In letzter Zeit entdecke ich immer mehr Leidenschaft für die Oper und ich komme nicht umhin in der La Ley Reserva 2016 Ähnlichkeiten zu entdecken. Bereits die ersten Züge auf dem letzten Drittel kommen mit einer solchen Wucht daher, dass ich meine Augen schließen muss. Die Würze ist zurück und mit ihr kommen Noten von geröstetem Kaffee, Holz und Leder auf die Bühne. Die Akteure schmettern Ihre Arie des Geschmacks in den Raum und wenn der letzte Ton verklungen ist, schwingt Wehmut in stiller Begeisterung durch den Geist, bis tosender Applaus einsetzt.
Ich sitze in meinem Sessel und genieße die letzten Züge, wie den Schlussapplaus als Epilog einer grandiosen Darbietung. Die Musik ist verklungen, nur die Nadel des Plattenspieler ist noch zu hören, wie sie darauf wartet, dass ich sie zurücksetzte. Ich gehöre mittlerweile zu den dankbaren Menschen, die auch mit solchen Momenten ihren Lebensunterhalt verdienen dürfen. Und das stimmt mich versöhnlich mit dem Stress der letzten Tage.
Ich lege den Rest der Zigarre in den Aschenbecher. Mein Glas ist leer. Und übrig bleibt nur die vertraute Stille der entspannten Einsamkeit. Genau so soll es sein.
In diesem Sinne: Happy Smoking!!!
Roswitha Wolf
Danke für den Bericht. Auch wenn ich selbst nicht rauche wird er mir weiterhelfen. Mein Nachbar hat demnächst runden Geburtstag. Er ist passionierter Raucher und schwärmt bevorzugt von Nicaraqua Zigarren
Klaus Hruby
Vielen Dank für das Feedback. Wenn Nichtraucher meinen Blog lesen, freut mich das Besonders 😉