Gefährliches Halbwissen, Falsche Gurus – Vorsicht Klartext

Zigarrenschachtel auf Notizbuch

Und dann ist es passiert. So weit wollte ich es eigentlich nie kommen lassen. Was soll’s, es lässt sich leider nicht ändern. Über ein Jahr habe ich keinen Blog-Beitrag geschrieben und ich wurde vielfach darauf angesprochen.

Ich musste viel verarbeiten. Keine Sorge nichts Schlimmes. Ich darf nun seit über einem Jahr das Zigarrenbusiness meinen Brotberuf nennen. Mir ist vergönnt was vielen nicht vergönnt ist: Die Leidenschaft zum Beruf zu machen. Außerdem darf ich nach wie vor für das Cigar Journal schreiben, was auch einiges von meiner Zeit als Blog-Autor in Anspruch genommen hat. Es war jedoch nie meine Absicht so lange zu pausieren und deshalb wird in diesem Jahr sicherlich wieder mehr von mir zu lesen sein.

Eine kleine Hassrede zu Beginn

Ein Grund, warum ich nichts für derblauedunst.com geschrieben habe ist, dass mir leider sehr viel Unwissen, Halbwissen und auch schlichte Dummheit begegnet ist. Ich war entsetzt und hatte einiges zu verdauen. Das es so lang gedauert hat, hat sogar mich überrascht. Das Jahr 2020 hat uns allen sehr viel abverlangt und allein durch die ganze COVID 19 Geschichte sind wohl einst vernünftige Menschen zu geistigen Wracks mutiert. Es sei Ihnen verziehen.

Ich vermute durch die vermehrte Zeit zu Hause hatten auch einige Individuen der Zigarrenszene mehr Zeit sich geistig ins Netz zu „erbrechen“ was meinen Schmerz nicht unbedingt gelindert hat. Was mich besonders nervt ist, dass sich auch in meinem persönlichen Umfeld auch längst widerlegte Blödsinnigkeiten immer noch als gängige Fakten präsentiert werden. Im Großen und Ganzen lässt sich mein Frust – Zigarren betreffend – auf einen simplen Gedanken runterbrechen.

Beim Genuss zählt einzig und allein die persönliche Meinung!

Im Gegensatz zu den Naturwissenschaften ist Genuss tatsächlich subjektiv! Überraschung! Wahrscheinlich werden die meisten Leser jetzt in etwa denken:“Ja, eh.“ oder „Sowieso!“ aber leider schaut die Realität ganz anders aus. Zigarrenraucher präsentieren sich sehr gerne, ob wir das nun zugeben wollen oder nicht. Viele von uns sind unwissende Schmocks und Poser denen die Banderole wichtiger ist, als die Zigarre selbst.

Und wir Zigarrenraucher sind uns bei nichts einig. Es beginnt beim Anschnitt. Ist Kerbschnitt, ein gerader Schnitt, bohren oder ein Kreuzschnitt das Beste? Danach folgt das Anzünden. Welche Zündquelle ist optimal? Verwenden wir ein normales Gasfeuerzeug, Jetflame mit einer, zwei oder drei Düsen, doch ein Streichholz, den Kienspan, oder ein Stück Zedernholz das wir an einer Autobatterie entflammt haben? Zumindest verwenden wir kein Benzinfeuerzeug, denn das ist der Satan, das NO-GO und der Inbegriff von Zigarrenfrefel, da sind wir uns dann doch alle einig.

FALSCH!!! Da sind wir schon bei so einem Mythos, bzw. bei so einer Dummheit. Wer hat sich eigentlich schon mal die Mühe gemacht und zwei Zigarren parallel geraucht und eine Zigarre mit Benzinfeuerzeug und die andere mit Gas entflammt? Mit Sicherheit die wenigsten, denn sonst wüssten Sie, dass wenn man vorsichtig ist, auch ein Benzinfeuerzeug seinen Zweck einwandfrei erfüllt. Und selbst wenn man nicht vorsichtig ist, verflüchtigt sich der Benzingeschmack nach drei Zügen. Glauben Sie nicht, dann probieren Sie es aus!!!

Meine besonderen „Lieblinge“ sind die Dupont Fetischisten, die meinen nur mit einem Dupont Feuerzeug, das am Tisch steht kann man eine Zigarre anzünden. Nach einem Flammenritual von über 15 Minuten gehen diese „Genies“ dann mit Ihren Zigarren durch den Raum und schwingen diese – als würden Sie eine unsichtbare Geige spielen – von links nach rechts, damit die Zigarre „anspringt“. Das ist so dumm-dämlich, dass es fast schon wieder lustig ist.

Ich könnte noch unzählige Beispiele bringen um die Hornochserei der Zigarrenfreunde im Detail zu beschreiben, allein ich möchte diesem dummen Gesindel nicht den Raum geben, den es ohnedies schon einnimmt. Deshalb ergehe ich mich lieber in ein paar wohlgemeinten freundlichen Worten um doch an die Vernunft zu appellieren.

Raucht doch wie Ihr wollt, aber lasst andere Menschen damit in Frieden.

Es ist ganz einfach. Mir ist egal was Du rauchst. Es kümmert mich nicht, wie du cuttest oder wie du Dir Feuer gibst. Wenn Du die Zigarre in der Hälfte durch schneidest und dann beide Hälften in deine Nasenlöcher steckst, während du sie mit einem Lötkolben entflammst, ist mir das auch egal. Nur – und hier wird es interessant – lass bitte mich damit in Frieden und bitte halt‘ deinen Mund gegenüber Anfängern, die erst selbst Ihre Erfahrungen machen müssen.

Die armen Anfänger

Die Wahrheit ist schockierend, ich weiß. Liebe Anfänger, wir die wir schon etwas länger rauchen, können Euch keine Ratschläge geben. Zigarren sind Genuss und der ist immer subjektiv. Der Weg der hinter uns liegt, ist Euch noch bestimmt und er ist wunderschön. Es gibt keine Abkürzungen, das ist auch gar nicht notwendig. Geht in einen Humidor, nehmt was Euch gefällt und raucht. Dabei vertraut auf Euch selbst. Der Körper wird euch schon sagen, wenn etwas zu stark oder zu heftig für Euch ist. Informiert Euch über die verschiedenen Schnitt- und Zündtechniken und probiert selbst, was Euch am Meisten zusagt. Es ist im Übrigen auch ok, wenn sich das eine oder andere im Laufe Eures Leben ändert. Das schöne an einer Meinung ist, dass man dies ändern kann. Wie Winston Churchill einmal so schön gesagt hat: „Those who never change their mind, never change anything.“ Frei übersetzt: „Die, die niemals Ihre Meinung ändern, verändern auch nichts.“ Das sind sehr weise Worte.

Eines möchte ich zum Schluss noch festhalten, was mir besonders wichtig ist. Hört auf die Menschen mit Eurer Meinung zu terrorisieren, wenn es um Geschmack und Befindlichkeiten geht. Und fehlerhafte Zigarren, sind fehlerhaft! Wenn eine Zigarre nicht zieht, sie seltsam abbrennt, nach Ammoniak riecht dann ist sie schlecht fermentiert und schlecht verarbeitet. Punkt. Fakten sind dann leider keine Ansischtsache!

Also seid friedlich miteinander und friedlich zu einander. Genießt Eure Zigarren gemeinsam, debattiert und diskutiert, aber immer respektvoll und vor allem nehmt Euch selber nicht zu ernst. Ich tu‘ das nämlich auch nicht. Frei nach Michael Niavarani „Der größte Trottel ist man immer selber“ 😉

In diesem Sinne: Happy Smoking!!!

1 Comment

  • Antworten Januar 7, 2021

    Mario

    Sehr schön! Ich fühle mich erhört 😉

    Als Anfänger war ich damals bei meinem ersten „Tasting“ an einem Event schockiert, als die Profis da einfach rasch mit dem Jet-Feuerzeug volle Kanne im Zigaretten-Stil die Luxusstengel angezündet haben. Als könne es nicht schnell genug gehen. Dabei hiess es doch im Youtube-Video, dass…eben.

    Inzwischen bin ich soweit, dass der gesamte Smoke-Prozess (vom Entscheiden ob ich soll oder nicht bis zum Ausgehen-lassen im Ascher) komplett von meinem Gemütszustand abhängig ist.

    Deshalb steht dann auch vom Bunsenbrenner aus der Werkstatt bis zum Zedernholzspan alles bereit 🙂

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