Nein, ich war noch nie in Kuba. Ja, ich möchte unbedingt einmal hin. Auch wenn ich mich auf diesen Aufenthalt bereits freue, obwohl er noch nicht einmal gebucht ist, habe ich dennoch Angst. Ich habe Angst vor einem äußerst ansteckenden, geistigen Verfall, der scheinbar nur bei Kuba-Touristen auftritt und der einen enorm großen Schaden im Gehirn anrichten kann, so scheint es zunächst, auf den ersten Blick.
Seit Jahren werde ich mit den Auswüchsen dieses geistigen Phänomens konfrontiert und was ich besonders erstaunlich finde, ist die Tatsache, dass die Intelligenz einer Person hierbei keine Rolle spielt. Kurz gesagt: Auch die gebildetsten Menschen werden in Kürze zu Idioten.
Ich kenne jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden……
Ein kleines Beispiel kurz zu Beginn: Angenommen Sie reisen zum ersten Mal nach Wien und lernen einen total sympathischen Taxifahrer kennen, dessen Schwester angeblich in der Garderobe der Wiener Staatsoper arbeitet, die Ihnen, für die Premiere der Oper Turandot, zwei Sitzplätze in einer Loge organisieren kann. Würden Sie so jemandem € 400,- in die Hand drücken und am Abend der Premiere gegenüber der Oper auf die ominöse Schwester warten? Eher nicht, oder?
Die kubanische Luft
Es muss an der kubanischen Luft liegen, dass ich mindestens einmal im Jahr eine Geschichte zu hören bekomme von Taxifahrern, Kellnerinnen, Empfangsdamen, Tanzlehrern, Tabakbauern, oder sogar dem ehemaligen Sekretär von Castro persönlich, der die besten Kontakte zu „Verwandten“ in „Zigarrenfabriken“ hat. Und natürlich haben diese Menschen nichts besseres zu tun, als ihre Kontakte einem x-beliebigen Touristen zur Verfügung zu stellen. Sicherlich, das ist Kuba. Ja, diese Blödheit kann nur in der kubanischen Luft liegen, denn in jedem anderen Land würde man solche Märchen nicht glauben. Gott sei Dank dürften die Kubaner immun dagegen sein.
Was veranlasst also die Menschen so einen Schwachsinn zu glauben? Ist es die Tatsache, dass wir wollen, dass solche Geschichten stimmen? Ganz genau.
Der Erfinder des Wortes „Showbusiness“, P.T. Barnum, hat einmal sehr treffend gesagt: „Jede Minute wird ein neuer Idiot geboren.“ Lügen von denen wir wollen, dass sie wahr sind, glauben wir bereitwillig. So entstehen auch Verschwörungstheorien. Es ist die Lust nach dem Abenteuer und nach dem Unentdeckten. Keine Sorge, mir geht es da nicht anders.
„Das habt’s ihr wahrscheinlich gar nicht!“
Und jetzt kommen wir zum Nervigsten. Einige Menschen denken, dass der Besuch der kubanischen Insel jeden zu einem Zigarrenexperten werden lässt. Da kommen dann Sätze, wie „Ich war ja erst in Kuba, da hab ich Sachen geraucht, die kennst du gar nicht!“
Richtig DIE Sachen kenn ich nicht. Labbrig gerollte Bananenblätter, oder in Reismatten gerollte Umblätter, oder Shortfiller, die als Longfiller verkauft werden. Nein, das kenn ich wirklich nicht, möchte ich auch nicht kennenlernen.
In Kuba wird man an jeder Ecke angelabert, ob man nicht in einem Hinterhof „echte“ kubanische Zigarren kaufen möchte, zu einem Bruchteil von dem, was sie in den Stores hierzulande kosten. Oder Sondereditionen, die es nie wirklich gab. Hier ist ein sehr wichtiger Punkt: In Österreich sind mehr echte Habanos im Umlauf, als in Kuba!!
Einer meiner Freunde, der ein wandelndes Zigarrenlexikon ist, hat mir einmal berichtet, dass man nicht einmal in den Casas von Habanos sicher sein kann, ob man nicht gerade betrogen wird. Auch der Besitzer eines meiner absoluten Lieblings-Fachgeschäftes bestätigte mir, dass man jahrelange Erfahrung bräuchte, um die Fälschungen sicher zu erkennen.
Der Mythos des Preises
Zum Schluss noch ein ganz wichtiger Punkt. Zigarren in Kuba, also in „offiziellen“ Verkaufsstätten, sind nicht wesentlich billiger als bei uns. Zusätzlich hat man das Problem, das man sowieso nicht viel mitnehmen kann, also es zahlt sich für einen Österreicher wahrscheinlich mehr aus, nach Deutschland zu fahren, um zu kaufen, als bei einem Kuba-Urlaub.
Für meine Kuba-Reise steht fest, ich werde meine Zigarren von zu Hause mitnehmen. Erstens sind sie dort lange genug gelagert, um den Rauchgenuss auf das Maximum zu steigern und zweitens, kann ich mir sicher sein, dass ich das Original rauche.
Und ganz zum Schluss noch die Rechtfertigung, die leider immer noch sein muss: NEIN, das hier ist kein Neid, darüber, dass die Kuba-Touristen, das Glück hatten „echte“ Schätze zu entdecken. Nein, ich erfinde das hier nicht. Das entspricht der Wahrheit, jeder Tabakskundige wird Ihnen das bestätigen, jeder Tabakskundige, der seine Zigarren nicht als „Stumpen“, „Kegel“ oder „Lunte“ bezeichnet. (Kleiner Seitenhieb am Rande).
Ich für meinen Teil hol‘ mir jetzt eine Kubanische aus dem Humidor, geboxed in 2013 und rauche sie hier in Österreich, im Schatten der alten Bäume und genieße einen herrlichen Kaffee, aber das ist eine andere Geschichte.