Almdudler & Zigarren

Kiste Patoro

Es ist Morgen und es regnet, wie es nur in Wien regnen kann. Alles bekommt diesen Schleier von Grau. Die Menschen ziehen unweigerlich ihre Schultern hoch, genau wie ihre Krägen. Jeder versucht sich im Moment ins Trockene zu retten. Am Eingang des Wiener Innenstadthotels steht wie immer ein Mann in Livree, auch er hat seinen Hut tiefer in die Stirn gezogen und ich fühle mich an so manche Sherlock Holmes Episode erinnert.

Jedes Mal, wenn ich dieses Hotel betrete bin ich überwältigt von der Architektur. Ich biege nach rechts ab, wo eine mir bereits wohl vertraute Holztüre den Weg zu einer der schönsten Zigarrenlounges weist. Ich nehme Platz auf einem dieser herrlichen Sessel, die einen nur schwer wieder aufstehen lassen. Durch genau diese Sessel bleibt man unweigerlich länger, als man beabsichtigt hat. Als der Kellner mir meine übliche Melange auf dem üblichen Silbertablett serviert, steht auch schon der übliche Aschenbecher bereit. Alles ist bereit für meine erste Zigarre. Es ist fünf Minuten vor zehn.

Es wird Almdudler bestellt

Es ist exakt zehn Uhr, als sich die Tür der Lounge öffnet und Dr. Pablo Richard, der Miteigentümer und Geschäftsführer der Zigarrenmarke Patoro, auf meinen Tisch zusteuert. Es folgt der unvermeidliche Austausch von Visitenkarten und Smalltalk, jedoch bin ich überrascht, wie schnell wir dieses Ritual hinter uns bringen. Als der Kellner kommt, bestellt Pablo Almdudler. Es ist das zweite Mal in diesem Jahr, dass ein Mann der Zigarrenbranche neben mir Almdudler bestellt und insgeheim frage ich mich, ob ich einem geheimen Trend auf der Spur bin. Pablo stellt eine Kiste seiner Serie P auf den Tisch. Es ist die Methusalem, eine herrliche Robusto. Wir zücken beide unsere Werkzeuge und entflammen die Zigarren.

Pablo Richard Schneider

Ein sehr entspanntes Interview

Meine erste Frage ist bei jedem Treffen die gleiche. Es ist die Frage nach der ersten Zigarre des Lebens. Und obwohl ich mir bei Pablo sicher war die Antwort zu kennen, habe ich insgeheim auf eine Überraschung gehofft. „Meine erste Zigarre war eine Davidoff No. 2.“ Diese Antwort ist nun wirklich keine Überraschung, schließlich ist Pablo der Enkel von Dr. Ernst Schneider, ehemaliger Eigentümer von Davidoff, der leider im Alter von 89 Jahren 2009 verstarb. „Mein Großvater hat mich schon mit drei Jahren an der Zigarre ziehen lassen, dass es eigentlich nur der Daumen war, habe ich erst später bemerkt“ erzählt mir Pablo mit einem Lächeln im Gesicht.

Mittlerweile ist die Zigarre in Fahrt gekommen und ich genieße diese herrliche Cremigkeit, die ich bei der Serie P von Patoro so schätze. Was ist es, das diese Zigarre so unverwechselbar macht? „Wir Schweizer haben einen hohen Qualitätsanspruch und ein anderes Bewusstsein dafür. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, werden für uns nur 100 Zigarren am Tag, jeweils von 15 Rollern gefertigt. Wir haben hohe Ansprüche an den Tabak und er reift durchschnittlich vier bis acht Jahre. In anderen Ländern (Patoro wird in der dom. Republik gefertigt) hast du so etwas nur bei Limitadas.“ Der Leitsatz Qualität vor Quantität ist bei Patoro definitiv bei jedem Tasting spürbar.

Der Umbruch der Generationen

Beim Design der Banderolen von Patoro scheiden sich die Geister. Die einen finden es schlicht und elegant, die anderen zu unspektakulär. Ganz ehrlich, ich gehöre definitv zu ersten Fraktion. Als ich das erste Mal die orangen Banderolen der Serie P sah, fand ich das einfach extrem cool. Sollte ich je eine Spritztour auf einer Motoryacht die Cote d’Azur entlang machen, möchte ich unbedingt dabei eine Methusalem rauchen. Solange das nicht geschieht, genieße ich sie weiterhin auf meiner Terrasse zum Kaffee. „Die Entscheidung zum Design war ganz bewusst. Die Serie P sollte ‚flashen‘. Es ist ja auch eine Zigarre mit Ecken und Kannten, die auch sehr spritzig sein kann. Deshalb auch der Farbton, der an eine bekannte Champagner-Marke erinnert.“ Pablo nimmt noch einen Schluck vom Almdudler und auch ich nutze die kurze Pause im Gespräch, um mich auch wieder dem Kaffee und der Zigarre zu widmen.

Klaus Hruby

Es ist immer sehr harte Arbeit 😉

Um uns herum sitzen nun doch bereits einige Raucher und widmen sich dem Genuss. Es ist – das darf man ruhig sagen – einer der entspanntesten Orte der Stadt. Die Mehrheit der Raucher an diesem Tag ist unter vierzig. Angesprochen auf einen bevorstehenden Generationenwechsel bei den Zigarrenrauchern meint Pablo: „Ich sehe definitiv einen Umbruch. Wenn du in Amerika in eine Lounge gehst ist der durchschnittliche Besucher um die zwanzig. In Zürich hast du das Bild auch immer mehr, dass junge Menschen mit 25 eine Zigarre in der Lounge genießen, dabei den Laptop auf den Knien haben. Auch die Art zu rauchen hat sich verändert. Es geht jetzt immer mehr ums probieren und testen. Die jungen Raucher, greifen nicht immer zur selben Marke und ich finde, dass ist eine gute Entwicklung.“

Ich nehme meinen letzten Schluck vom Kaffee. Der verregnete Morgen hat sich mittlerweile in einen fortgeschrittenen Vormittag verwandelt, aber es regnet immer noch. Die Zigarre vor mir nähert sich dem dritten Drittel. Pablo blickt durch den Rauch und schwärmt mir von seiner Lieblingszigarre vor: „Es ist die erste Zigarre am Tag. Wenn der Tag noch neu und unverbraucht ist, diese Zigarre ist die beste für mich, da braucht es manchmal keine zweite mehr.“

Als Österreicher muss ich dann doch fragen, welche seiner Zigarren er als Begleitung zum Kaffee empfiehlt. Hier fällt die Antwort ganz klar aus: „Brasil Gordito zum Espresso, oder Gordo, wenn es länger dauert.“ Auch hier kann ich definitiv nur zustimmen. Ebenfalls herrliche Zigarren.

Aufbruch

Es ist wie an so vielen Tagen, wo man eigentlich noch so vieles zu besprechen hätte, doch mir ist es immer ein Anliegen niemand mit Fragen zu „löchern“. Es ist viel wichtiger eine angenehme Zeit zu verbringen, egal, ob man sich schon Jahre kennt, oder das erste Mal gemeinsam eine Zigarre raucht. Letzteres finde ich immer besonders spannend. Als ich mich zum Gehen rüste, ist meine Zigarre beinah aufgeraucht, ich fühle mich fast schuldig, so eine herrliche Zigarre zurück zu lassen, doch es geht nicht anders. Pablo Richard hat seine Zigarre fertig geraucht, nur etwas Almdudler ist noch im Glas.

Ich verabschiede mich und als ich gehe, kann ich sehen, wie Pablo nochmals Platz nimmt und aus dem Fenster blickt, während Wien wieder beginnt hinter dem Regen zu versinken. Die perfekte Zeit für eine zweite Zigarre.

In diesem Sinne: Happy Smoking!!!

Pablo Richard und Klaus Hruby

Ja, wir hatten es ziemlich lustig….

 

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