Wer mich kennt, der weiß, dass ich leidenschaftlich gerne Kaffee genieße. Ein guter Espresso kann so manchen anstrengenden und nervigen Tag schnell zu etwas Besserem machen. Zigarrenraucher haben manchmal ein Zeitproblem. Die Mittagspause ist einfach viel zu kurz, oder man wartet in einem Kaffeehaus auf eine Dame und am Nebentisch raucht jemand gemütlich eine Zigarre, doch man hat jetzt nicht die nötige Ruhe für einen Smoke.
Ja, ich gehöre den ehemaligen Zigarettenrauchern an. Die schlimmste Sorte Mensch – angeblich. Wir kennen diese kleinen Pausen im Alltag. Dieser kurze Knopfdruck auf die Stopptaste. Als ich den Zigaretten endlich entsagt hatte, wurden mir die kleinen Momente bewusst. Das Warten auf den Bus, oder den Zug, Warten im Kaffeehaus auf den Gesprächspartner, mit einem Mal werden unzählige Pausen während des Tages sichtbar. Das ist nicht der Entzug, sondern Augenblicke die man früher einfach nicht wahrgenommen hat. Eigentlich ist es ein Gewinn an Gegenwart. Und das ist meiner Meinung nach etwas Positives.
Meine Espresso-Zigarre
Mir geht es oft so, dass ich gerne eine Zigarre rauchen würde. Doch es fehlt etwas an der Zeit. Der Espresso am Nachmittag ist oft so ein Moment. Ich nehme mir immer eine kleine Pause am Nachmittag, um ein wenig vom Computer weg zu kommen und neue Energie zu tanken. Ich sitze dann im Kaffeehaus und entspanne meinen Geist. Manchmal fehlt mir da ein kleiner Smoke. Kein Zigarillo, nichts Trockenes, sondern einfach eine kleine Zigarre, doch bis dato hat mich nichts am Markt wirklich begeistert.
Ein sehr guter Freund von mir kennt mein Problem. Neulich drückt er mir eine wunderschöne Blechschachtel in die Hand und meint: „Hier, die Lösung für dein Kaffee-Problem.“
Das wollen wir doch mal sehen. Ich suche ja schließlich schon lange nach so einer Zigarre.
Abe Flores, Gran Reserva, Half Corona – der Selbstversuch
In den ersten Tagen des Septembers ist mein Stammcafé besonders schön. Die Sonnenstrahlen verlieren allmählich ihre Kraft und spenden dennoch Wärme. Der Cafétier meines Vertrauens war einen Monat nicht im Lande, es war eine wirklich harte Zeit für mich. Den ersten Kaffee nach der langen Pause möchte ich mit einer Zigarre veredeln. Gesagt, getan!
Ich öffne die wunderschöne Blechschachtel, in der fünf Half Coronas liegen, das Brandende in Zedernholz eingeschlagen und mit einem Seidenband fixiert. Zur einfachen Entnahme ist um die mittlere Zigarre in der Box ein weiteres Seidenband gewickelt. So bekommt man die erste Zigarre sehr leicht aus der Dose. In meinen Händen halte ich ein kleines Kaliber. Half Corona.
Abraham „Abe“ Flores ist einer dieser Menschen, die es schlicht und ergreifend verstanden haben zu leben und zwar in jedem Atemzug. Eigentlich wollte Abe Musiker werden, doch am Ende ist er beim Tabak gelandet, einem Produkt aus seiner Heimat, der dominikanischen Republik. Seine Fabrik PDR – Pinar del Rio – liegt in Tamboril. Das Saatgut seiner Zigarren kommt auch aus Kuba und seine Torcedors nutzen die typisch kubanische Technik „Entuba“ beim Rollen der Zigarren.
Die Zigarre wirkt erstaunlich fest und der Geruch ist wirklich ansprechend. Kräftig, das heißt perfekt zu einem Espresso. Die Vorfreude steigt. Der Anschnitt überrascht mich, denn er vermittelt auch wieder Festigkeit. Doch die Zigarre lässt sich herrlich entflammen und die ersten Züge geben bereits ordentlich Rauch.
Die Einlage besteht aus dominikanischen Corojo und Habano aus Nicaragua, das Umblatt ist Olor, ebenfalls aus der dominikanischen Republik. Das schokoladenbraune Deckblatt ist auch Corojo aus Abes Heimat.
Ich sitze bei meinem Kaffee und rauche. Die Zigarre liegt gut zwischen den Fingern und ich bin erstaunt, wie viel Aroma auf so kleinem Raum untergebracht werden kann. im Vordergrund steht am Anfang eine herrliche Würze, aber eher eine Würze, die mich an getrocknete Kräuter erinnert, doch im Rauch schwingt noch etwas anderes mit.
Ich nehme einen Schluck von einem herrlichen Espresso und einen weiteren Schluck Wasser. Der nächste Zug. Jetzt kann ich den Geschmack zuordnen. Es ist Schokolade und vielleicht etwas Kakao, der von einer leichten Schärfe begleitet wird. Tatsächlich erinnert mich der Geschmack an Zigarren aus Kuba, wie generell das Raucherlebnis. Die Würzigkeit nimmt zu und in der herrlichen Würze hat nun auch etwas Nussiges seinen Auftritt.
Besonders angenehm ist, dass all diese Aromen einfach perfekt zu Kaffee passen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Whisky ein ebenso guter Begleiter wäre.
Ein guter Start in den Nachmittag
Ich sitze immer noch im Sonnenlicht des Septembers, dem noch ein Hauch von Sommer inne wohnt, doch auch die ersten Boten des Herbstes liegen in der Luft. Von meiner Zigarre steigen beinah keine Rauchfähnchen auf. Ich ziehe an der Zigarre, um sicher zu gehen, dass sie noch glimmt, doch die Zigarre geht kein einziges Mal aus. Es ist eine herrliche Ausgewogenheit, die mir diesen Nachmittag versüßt. Der Stress und die Arbeit scheinen komplett in weite Ferne gerückt. Im Augenblick existieren nur die Sonne, der Kaffee und die Zigarre, die den Moment veredelt. Wie lange habe ich nach so einer Zigarre gesucht? Eine Zigarre, die ich zwischendurch rauchen kann und die für eine halbe Stunde alles tut, was ihre großen Schwestern auch tun: Genuss maximieren.
Je näher ich der Banderole komme, umso mehr gesellt sich ein Geschmack von Bittermandel zu den herrlichen Kräuternoten. Die Banderole ist im übrigen auch wahrlich eine Schönheit und erinnert vielleicht ein wenig an große kubanische Vorbilder.
Die Zigarre mag klein sein, doch sie braucht sich nicht verstecken und nimmt es locker mit so manchem Großformat auf. Kleine Zigarre – großes Kino.
Bei meinem nächsten Besuch im Humidor, werde ich zielsicher nach der wunderschönen Blechschachtel greifen und fünf dieser Schönheiten erwerben, dann steht den kleinen Pausen nichts mehr im Wege.
Ich trinke meinen Kaffee aus und lege einen winzigen Zigarrenrest in den Aschenbecher, in dem nicht viel zurückbleibt, außer ein wenig Asche, die für die Größe der Zigarre sehr fest ist.
Während der Wind auffrischt gehe ich zurück an den Ort, wo meine Arbeit auf mich wartet, doch ich bin zufrieden und genau in der Stimmung um zu schreiben. Der Kaffee und der Tabak, für mich gehören sie in Österreich zusammen, auch wenn man uns diese Kombination eigentlich verbieten will, so lange es geht werde ich dieses Geschmacks-Duo weiterhin gerne genießen und Abe Flores macht es mir da wirklich leicht.
In diesem Sinne: Happy Smoking!
Kleinere Kaliber – Wenn der Winter ins Land zieht | Der Blaue Dunst
[…] Sommer entdeckte ich für mich die Half Coronas von Abe Flores für mich. Eine Zigarre die für mich immer noch die perfekte Begleitung für einen Espresso in der […]