Schmock vs. Aficionado

Zigarrenbanderolen in einer Kiste

Alles was landläufig mit Genuss verbunden wird, ruft sie auf den Plan. Gemeint sind Menschen, die denken, dass Sie Ahnung haben und das auch gerne in die Welt hinaus tragen. Besondere Exemplare dieser Gattung findet man unter den „Weinkennern“, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einer Blindverkostung zwar nicht einmal Rot von Weiß unterscheiden können, aber in Vinotheken die Angestellten belehren, dass der Wein erst 22 Minuten „chambrieren“ (atmen) muss, damit er das „Trinkoptimum“ hat. Kurz: Schmocks

Wie in allen Dingen die mit „edel“, „teuer“ und „erlesen“ verbunden werden, so rufen auch Zigarren die Protzer auf den Plan, die in Zigarrenrunden gerne überdeutlich die Bauchbinden so drehen, damit sie auch wirklich jeder lesen kann. Typen, die lauthals zur Kenntnis bringen, dass nur kubanische Zigarren in ihren Humidor dürfen, weil alle anderen sind nur ein schwacher Abklatsch von den kubanischen Köstlichkeiten. Wie gesagt: SCHMOCKS!

Es nervt!

Was ist jetzt so schlimm daran? Ganz einfach, solche Idioten nähren Vorurteile und Klischees. In den seltensten Fällen haben diese Schmocks auch nur im geringsten Ahnung was sie eigentlich rauchen und nebenbei von sich geben. Sie protzen mit einer Cohiba Behike Banderole zwischen den Fingern, loben das nussige Aroma und die Würze, doch in Wahrheit ist die Zigarre vor einem halben Jahr erst in die Kiste gewandert, hat Schiefbrand und verbrennt dem Raucher die Zunge. Es ist durchaus möglich, dass solche Typen nicht mal schmecken, woher der Tabak kommt, der gerade glimmt.

Zugegeben, es gibt auch Angeber, die Ahnung haben und somit „zu Recht“ angeben, nur ist das definitiv die Minderheit. Leider, wird die Zigarre immer noch mit Reichtum und Wohlstand in Verbindung gebracht. Das ist deshalb traurig, weil sich damit das verbreitete Vorurteil verhärtet, das gute Zigarren teuer sein müssen.

Ich habe in meinem, für einen  Zigarrenliebhaber, relativ kurzem Leben schon mehr als ein paar Zigarren geraucht und ich habe exzellente Zigarren für € 4,50 pro Stück geraucht, für die ich so manche Romeo y Julieta eingetauscht hätte.

Der Preis und die Marke einer Zigarre sagen NICHTS über Qualität und Geschmack aus!

Wer das Kunstwerk Zigarre schätzt, der weiß, dass bei Handarbeit die Qualität manchmal schwankt und vor allem, dass der Geschmack immer subjektiv ist.

Ein Aficionado urteilt niemals nach der Banderole, sondern nach Herkunft, Erscheinungsbild, Alter, Lagerung und Geschmack. Zugegeben, genau wie ein Sommelier Aromen im Wein feststellen kann, auch wenn ihm dieser persönlich nicht zusagt, so kann ein Zigarrenkundiger im Rauch Dinge erschmecken, die ihm persönlich nicht zu Geschmack stehen. Doch logischerweise rauchen wir (ja, ich zähle mich zu den Kundigen) nur das was uns schmeckt, alles andere wäre auch mehr als dämlich.

Für mich ist auf der Entdeckungsreise durch die Welt der Zigarre nichts schöner, als eine preiswerte Zigarre zu finden, die mir Rauchvergnügen bereitet.

„Never judge a book by its cover!“

Leider neigen wir Menschen zu oft dazu uns von Äußerlichkeiten täuschen zu lassen, geht es jetzt um Zigarren, Wein, Champagner, Whisky, Rum, etc.. Genuss muss nicht immer hochpreisig sein. Ja, es gibt Köstlichkeiten, die manch einer als „teuer“ bezeichnen würde, doch wenn es einem diese Dinge wert sind, dann ist das auch in Ordnung. Nur sind Dinge nicht automatisch köstlich, wenn sie teuer sind. Diese Einstellung haben nur Schmocks.

Der Aficionado entdeckt gerne, gibt zu, wenn er etwas nicht weiß und genießt die Reise auf dem Weg zu neuer Erkenntnis. Genießen ist nicht immer einfach und manchmal tatsächlich auch etwas, das man lernen muss.

Bei mir dauert dieser Prozess bereits Jahre, aber ich werde mit jedem Tag ein besserer Genießer und das verdanke ich vielen netten Menschen, die mir auf meinem Weg bereits begegnet sind.

1 Comment

  • Antworten Oktober 5, 2018

    Philipp

    „Sie protzen mit einer Cohiba Behike Banderole zwischen den Fingern“ wie einer meiner besten Freunde, „doch in Wahrheit ist die Zigarre vor einem halben Jahr erst in die Kiste gewandert, hat Schiefbrand und verbrennt dem Raucher die Zunge.“

    Sehr geehrter Herr Hruby.
    Danke für diesen ehrlichen, wahrheitstreuen Artikel.Ich war auf der Suche nach Angeber-Zigarren. Aber ist die „Cohiba Behike“ die einzige? Eine Umfrage, Auflistung weiterer wäre interessant…

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