Ja, ich weiß, für gewöhnlich lesen sich meine Reviews anders. Für gewöhnlich gebe ich eine kurze Beschreibung der Zigarre und versuche Sie, so gut es geht, an meinem Genuss teilhaben zu lassen. Doch das hier ist kein gewöhnliches Review. Es ist nämlich auch keine gewöhnliche Zigarre.
Wer meinen Blog verfolgt, der weiß, dass ich ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Zigarren aus Kuba habe. Hoher Genuss auf der einen Seite, trifft auf Dekadenz und eigenwilligen Mythen. Logischerweise wird in Foren des Öfteren über kubanische Zigarren schwadroniert. Man liest häufig von schlechtem Abbrand oder Zugverhalten. Meiner Meinung nach, liegt das meistens am Alter der Zigarre. Ich habe an anderer Stelle schon mal über Kuba und die Eigenheiten der Zigarren von dieser Insel gesprochen.
Ein guter Freund von mir wird nicht müde zu behaupten, dass es „Kindsmord“ ist eine kubanische Zigarre unter einem Alter von drei Jahren zu rauchen. So sehr ich mich zu anfangs gegen diese Aussage gewehrt habe, so pflichte ich ihr von Tag zu Tag mehr bei.
Ein mieser Tag
Der Anfang des Jahres 2017 war für mich alles andere als leicht und es prasselten Probleme und Problemchen auf mich ein. An einem dieser Tage fuhr ich mit dem Auto durch die Gegend um den Kopf frei zu bekommen und als ich unterwegs war, bekam ich Lust auf eine Zigarre. Meine Humidore waren gut bestückt, doch es war nichts eingelagert, das meinen momentanen Wünschen entsprach. Ich bekam nicht wirklich mit, dass ich wohl schon unbewusst in die Richtung eines Geschäftes wahr, dass solche Zigarren verkauft. Als ich ankam, begrüßte ich wie immer den Besitzer, wechselte die üblichen Worte über Neuerscheinungen und was es in nächster Zeit zu rauchen gab.
Nach unzähligen Runden durch den Humidor, stellte ich dann die unvermeidliche Frage: „Hast du was aus Kuba da, das man schon rauchen kann?“ Als Antwort begann der Tabakfachhändler mit mir die Boxing Dates der diversen Kisten durchzugehen. April 2016, Mai 2016, Dezember 2015. Nichts. Doch zwischen einer Partagas Kiste und einer Box von Cohiba lag noch eine Kiste von Bolivar. Ihr Inhalt: die Super Coronas Edicion Limitada 2014
Manchmal hat man Glück
Zunächst, war ich einfach verwundert, dass er immer noch eine Kiste davon hatte, da Limitadas meistens sehr schnell verkauft sind. Tja, mir kam diese Kiste genau recht. An diesem Tag war ich – sagen wir mal – alles andere als finanziell gut gestellt. Ich konnte mir genau eine Zigarre für € 14,90 leisten. Die Zigarre wurde wunderbar geschützt verpackt und ich ging, schon besserer Laune, wieder zu meinem Auto.
Als ich zu Hause ankam, fing es an zu regnen. Ich begab mich in mein Wohnzimmer, nahm mir ein Feuerzeug einen Aschenbecher, einen Cutter und einen Scotch für große, starke, erwachsene Männer. Was das heißt? Ganz einfach: einen doppelten.
Die Zigarre war schnell geköpft und entflammt. Und da war er bereits. Der Geschmack Kubas, ein Geschmack der definitiv von Reife berichtet. Der Zug war unglaublich leicht und angenehm, der Rauch dicht und cremig. Es ist ein unverwechselbares Aroma, das Gaumen und Zahnfleisch kitzelt. Man liest oft von Zeder und Leder als Geschmacksattribut von kubanischen Zigarren, doch ich finde es ist eigentlich ein Geschmack, den man nur mit Kubanisch beschreiben kann. In meiner Küche steht eine alte Kredenz. Als ich noch ein Kind war, annektierte ich die linke Schublade für Spielzeuge. Der Geruch dieses Holzes ist es, der mir in die Nase steigt, wenn ich gereifte Zigarren aus Kuba rauche.
An diesem Tag, der wirklich alles andere als gut begann, saß ich also rauchend im Wohnzimmer und ich bemerkte erst, dass ich wohl schon etwas länger unbeweglich im Zimmer saß, als mir ein sehr langes Stück Asche auf meine Hose fiel. Ein Blick auf die Uhr versicherte mir, dass ich wohl eine halbe Stunde da gesessen hatte. Anschließend genoss ich diese Zigarre ganz bewusst, bis zu ihrem Ende, das allerdings alles andere als bitter war.
Eine Begleitung durch das Jahr
Normalerweise begebe ich mich nach so einem Erlebnis sofort wieder in das Geschäft und kaufe die restlichen Zigarren. Zumindest wenn es meine Brieftasche erlaubt. Doch diesmal tat ich es nicht. Und nicht nur, weil mir das Geld fehlte. Mich interessierte wie lange es wohl dauern würde, bis keine Zigarren mehr in der Kiste lagen.
Ich holte mir also über das Jahr verteilt, immer wieder ein Stück oder zwei Stück von dieser Lady um sie anschließend in Stille zu genießen. Wie so oft im Leben verwirft man so manche ambitionierten Pläne wieder. Ich vergaß die Kiste wieder.
Letzte Woche war es dann wieder soweit. Ich bekam Lust auf diese Zigarre. Als ich im Laden ankam, war die Kiste beinahe unberührt. Ich sprach mit dem Besitzer. Er meinte, dass die Zigarren als Sie auf den Markt kamen bei seinen Kunden keine große Begeisterung hervor riefen. Schlechter Zug und noch schlechteres Brandverhalten. Da war er wieder, der Mythos, das kubanische Zigarren zu fest gerollt sind. Natürlich gibt es Zigarren dieser Provenienz die nicht sonderlich gut ziehen, doch das ist schließlich normal. Ich wage zu behaupten, das die Zigarren jedoch meistens einfach nicht lang genug Zeit hatten ihr Potenzial zu entfalten.
Dieses Mal hatte ich genügend finanzielle Mittel und ich habe die Zigarren aus dem Geschäft „befreit“. Erst gestern habe ich wieder eine geraucht. Bis dato hat noch kein einziges Exemplar aus dieser Kiste schlecht gezogen. Bis dato war es einfach nur der pure Genuss. Eine Zigarre, die hervorragend zu Tee, Kaffee und selbstverständlich zu den Klassikern wie Rum, Weinbrand oder Whisky passt. Das Deckblatt der Zigarren ist sehr dunkel, das typische Bolivar Aroma ist natürlich auch ein Begleiter während dem Genuss. Besonders interessant finde ich den ganz leichten Kaffee-Geschmack, der für mich doch eher untypisch ist, doch hier machte und macht er sich wunderbar.
Ich bin dankbar, dankbar für diese Kiste, die mir in diesem Jahr so manchen harten Tag versüßt hat. Ich habe lange überlegt, ob ich ein Review schreiben soll, doch ich kam zu dem Schluss, dass ich Ihnen diese Erfahrung nicht vorenthalten möchte, denn es ist ein persönliches Anliegen von mir, dass man den die Zigarren die Zeit gibt, die sie benötigen um Ihr volles Potenzial zu entfalten.
Zigarren passen nicht zu Stress und Eile. Sie sind Boten der Entspannung, die uns zum Verweilen einladen. Es ist nicht immer leicht, sich darauf ein zu lasssen, doch wenn man es tut, wird man stets belohnt.
In diesem Sinne: Happy Smoking!