Ja, ich meine genau dich. Du sitzt immer an der gleichen Stelle in der Raucherlounge, trägst deine Rolex voller Stolz (von der ich mir immer noch nicht sicher bin, ob sie echt ist), du rauchst Cohiba Behike, Texas Lancero und unter der Woche auch mal Camacho. Du hast die Beine ausgestreckt, damit der Kellner auch wirklich jedes Mal vor Dir stehen bleibt und dich bitten muss, Platz zu machen. Du grinst und verbirgst deine kleinen Äuglein hinter einer Sonnenbrille, obwohl das Licht in der Lounge eher schummrig anmutet. Du lachst laut, so laut, damit es auch jeder hören kann und im Laufe des Abends und mit fortgeschrittenem Alkoholpegel, drehst du dich zu dem Herren hinter dir um, der dich gerade darum bittet etwas leiser zu sprechen, entschuldigst dich süffisant, deutest auf die Ramon Allones in seiner Hand und kommentierst, dass das „ein süßer Stumpen ist…“
Da war es wieder. Mein Reizwort, beziehungsweise eines der Reizworte. Eigentlich ist mir wirklich egal, wie die Menschen ihre Rauchgeräte, Zigaretten und Zigarren nennen. Eigentlich schadet das meinem Genuss nicht. Eigentlich kann ich Dinge, die mich stören ignorieren. Eigentlich, geht mich das doch alles nichts an. Trotzdem: Etwas daran nervt mich!
Es gibt und Momente, wo ich ein Problem mit Bezeichnungen wie „Laubrolle“ und „Stumpen“ habe, immer dann, wenn damit etwas „verniedlicht“ wird und zwar zum Zweck der eigenen Profilierung.
Eine unbedeutende Neuigkeit
Es hat sich scheinbar immer noch nicht in die Kreise der Neureichen, der Menschen aus dem mittleren Management, der Geld-Prolos und der „Wannabe-Z-Promis“ herumgesprochen, dass Zigarrenrauchen die Menschen auf der Welt in etwa so interessiert, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt. Für all jene – und ich hoffe, dass einige von denen auch zufällig meinen Blog lesen – habe ich jetzt eine schockierende Nachricht:
„Du rauchst Zigarre? NIEMAND INTERESSIERT ES!“
Ich weiß, ich bin sehr emotional, aber ich kämpfe damit schon seit langer Zeit. Ich verstehe nicht warum einige Menschen den Genuss immer noch für ein Statussymbol halten. Genuss ist für mich eine Geisteshaltung und auf keinen Fall an Finanzen gebunden. Ich habe mit den diversen Spitznamen für Zigarren immer dann ein Problem, wenn sie verwendet werden, um zu unterstreichen, was „man“ sich alles leisten kann. Sinngemäß: „Für dich ist das eine riesige und teure Zigarre, für mich ist das eigentlich nicht mehr als eine Zigarette.“
Auch in den Zigarrenforen, auf Facebook-Profilen und Facebook-Seiten sieht man sie immer wieder. Allerdings nicht so offensichtlich wie das obengenannte Beispiel, weil ohne Ton. Da liegen die Robustos, Churchills und Toros lieblos in einem Reise-Humidor, davor am Tisch vier Dupont-Feuerzeuge und zwei Xikar XO Cutter. Bildtext: „Ein paar Stumpen und bisschen Zeug für ein schönes Wochenende“
Ich erlaube mir, das einmal zu übersetzen: „Hier meine dicksten Zigarren und teures Zubehör. Je dicker und teurer die Zigarre, desto besser. Ich kenn mich aus.“
Hier ein Fakt zum Thema „Stumpen“
Das Wort Stumpen ist natürlich legitim. Und zwar für – welch Überraschung – S T U M P E N. Das Lexikon definiert den Stumpen als kurze Zigarre ohne Spitz-, oder Kopfende. Typischerweise wird damit aber eine Schweizer Erfindung bezeichnet. Mein Großvater rauchte leidenschaftlich gerne seine Stumpen von Villiger, nämlich die Mocca-Variante.
Die Geschichte des Stumpens beginnt in der Westschweiz, in Vevey, wo um 1850 ein Fabrikant den Entschluss fasste, die durch die Größe der Tabakblätter bedingten zwanzig Zentimeter langen Rollen am Mundende nicht mehr in umständlicher Handarbeit zu verschließen, sondern zu coupieren und als «bouts» in den Handel zu bringen. Weil diese «bouts» den meisten Rauchern zu lang waren, coupierte er sie auch noch in der Mitte und nannte sie fortan «bouts coupés». In den siebziger Jahren fasste die Rauchwarenindustrie dann auch in der deutschen Schweiz Fuss, vor allem im oberen Wynental und in Rheinfelden. In zahllosen Kleinbetrieben wickelte man Zigarren und die preisgünstigeren «Stumpen» – eine altertümliche Eindeutschung von «bout», die man auch im Wort «Stumpengleis» wiederfindet. (NZZ – Folio, 1996)
In der heutigen Zeit, da diese Zigarrenform nicht mehr so geläufig ist, bezeichnen einige Aficionados ihre Petit Coronas oder Short Robustos liebevoll als Stumpen. Dagegen ist auch wirklich nichts einzuwenden.
In Österreich gibt es ein entsprechendes Äquivalent zum Ausdruck „Stumpen“, nämlich den „Tschick“. Eigentlich eine umgangssprachliche Bezeichnung für Zigarette. Das Wort geht wohl auf den, aus dem Friaul stammenden Ausdruck „cic“ zurück, was so viel wie Splitter bedeutet. Leider verwenden einige diesen Ausdruck auch immer wieder für Zigarren. Meistens soll auch hier die Bedeutungslosigkeit unterstrichen werden.
Tschick, Stumpen und Laubrollen
Was habe ich gegen diese Ausdrücke? Nichts, wirklich nicht. Ich finde es nur schade, wenn man auf der einen Seite ein Produkt schätzt und gerne genießt und auf der anderen Seite es durch die Sprache verniedlicht. Ich trinke ja auch keinen Chateau Margaux Jahrgang 1993 und bezeichne Ihn als „Traubensäftchen“ oder „Rosinensafterl“.
Vielleicht bin ich päpstlicher als der Papst, doch ich glaube wirklich, dass diese Dinge unter anderem dafür verantwortlich sind, dass sich einige Klischees immer noch hartnäckig halten. Besonders in Österreich sind viele Dinge, wenn es um Zigarren geht, nicht mehr zeitgemäß und überholt. Wir sollten doch die Welt der Zigarre öffnen und uns nicht ständig als kleiner elitärer Kreis selbst feiern.
Die Zigarre ist ein tolles Produkt und es braucht wahnsinnig viel Zeit um das Rauchvergnügen zu maximieren. Das zu negieren, es zum bloßen Konsumgut abzustempeln ist schlicht und ergreifend unfair. Ich bin mir sicher, die meisten meiner Raucherkollegen benutzen diese Ausdrücke ohne Hintergedanken, oder vielleicht auch nur, weil die Begriffe in der Community so geläufig sind, doch darüber nachzudenken kann mit Sicherheit nicht schaden.
Ich nenne meine Zigarren eigentlich immer nur Zigarren, einen anderen Ausdruck brauche ich dafür nicht, denn dieses etablierte Wort reicht vollkommen aus. Das Wort „Zigarre“ stammt von dem Ausdruck der Maya „zicar“ und bedeutet in seiner Ursprünglichkeit „Tabak Rauchen“. Ganz ehrlich: mehr ist es auch nicht.
In diesem Sinne: Happy Smoking!
Reimund Eisele
Affektierte Typen gibt es in allen Bereichen. Es ist der Grundcharakter dieser Menschen. Ich bevorzuge authentische Menschen, egal aus welchen sozialen Verhältnissen.
Ich persönlich gönne mir gerne mal etwas Luxus. Wenn ich etwas zu feiern habe, zünde ich mir eine Bolivar Tesoro mit dem Dupont oder Zedernspan an, sitze auf der Terasse, genieße die Aussicht und trinke dazu einen Unhiq.
Im normalfall benutze ich ein Rothenberger o.ä. und rauche NCs und trinke dazu ein Bier.